Bei der Diskussion über Elektromobilität wird oft gesagt, dass, wenn in Zukunft alle Autos mit Strom fahen würden, zu viel elektrische Energie benötigt würde, da dies von den bestehenden Kraftwerken nicht erzeugt werden könnte. Dieser Artikel zeigt, dass dies zumindest für Deutschland nicht zutrifft. Die gegenwärtige Energieerzeugung reicht aus, um alle Autos aufzuladen wenn sie elektrisch wären.
Stromerzeugung
In Deutschland betrug die gesamte Stromerzeugung im Jahr 2018 646,8 TWh, was 1,77 TWh pro Tag entspricht. Die Verteilung dieser Energieerzeugung über den Tag ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Die grüne Linie zeigt die Verteilung über die Wochentage, die blaue Linie zeigt die Verteilung an Samstagen und die rote Linie an Sonntagen. Der dunkelblaue Teil ist die Energie, die von großen Kraftwerken mit einer kontinuierlichen Leistung erzeugt wird, auch Grundlast genannt. Der orangefarbene Teil wird von Kraftwerken mit mittlerer Leistung und der grüne Teil von Spitzenkraftwerken erzeugt.
Kraftwerke, die kontinuierlich strom liefern, sind in der Regel kostengünstige Kraftwerke wie Kohle-, Kern- und Wasserkraftwerke. In Mitteleuropa decken diese Kraftwerke etwa 30 % des Energiebedarfs ab. Zu den Kraftwerken mit mittlerer Leistung zählen Öl-, Gas- und Speicherkraftwerke. Diese Anlagen können flexibel auf größere Nachfrageschwankungen reagieren. Diese Kraftwerke decken rund 40 % des elektrischen Energiebedarfs. Um jedoch alle Nachfrageschwankungen ausgleichen zu können, werden Spitzenlastkraftwerke wie Gasturbinen- und Pumpspeicherkraftwerke benötigt. Solche Anlagen können kurzfristig ihren Betrieb aufnehmen, um Spitzen im Energiebedarf zu decken.
Die Abbildung zeigt auch, dass in der Nacht die Energieerzeugung viel geringer ist als tagsüber. Das bedeutet, dass alle flexiblen Kraftwerke ihre Leistung reduzieren müssen. Diese Reduzierung ist sehr ineffizient.
Das blaue Rechteck zeigt die Energiemenge, die von allen Kraftwerken zusammen im Schnitt erzeugt wird. Die Fläche entspricht etwa der Fläche unter der roten Sonntagskurve und beträgt etwa den Tagesdurchschnitt von 1,77 TWh. Das rote Rechteck zeigt die maximale Energiemenge, die in der Zeit zwischen 0:30 Uhr und 6:30 Uhr in Deutschland mit den vorhandenen Kraftwerken zusammen erzeugt werden kann. Die Spitzenkraftwerke arbeiten auch dann nicht mit voller Kraft. Diese Fläche entspricht etwa 25 % des blauen Rechtecks.
Innerhalb dieser 6 Stunden können also etwa 25 % x 1.77 TWh = 443 GWh erzeugt werden. Diese Energiemenge könnte benutzt werden, um Elektrofahrzeuge zu laden.
Energiebedarf für E-Mobilität
Der Energiebedarf, um alle Autos aufzuladen, kann ebenfalls berechnet werden. Dafür benötigen wir die maximale Anzahl der aufgeladenen Autos und die durchschnittlich benötigte Energiemenge pro Auto. Die Gesamtzahl der Personenautos in Deutschland betrug im Jahr 2018 47 Millionen.
Die durchschnittlich gefahrene Strecke pro Auto und Tag in Deutschland beträgt weniger als 50 km. Wir können die Energiemenge zum Laden aller Elektroautos in Deutschland berechnen. Wir gehen von folgenden Annahmen aus:
- 40 Millionen von 47 Millionen Autos sind Batterie-elektrisch,
- Alle Autos werden nachts aufgeladen,
- Der Durchschnittsverbrauch beträgt 20 kWh / 100 km,
- Daraus resultiert, dass durchschnittlich ~10 kWh pro Fahrzeug pro Tag geladen wird,
- Es wird keine lokale Fotovoltaikanlage verwendet.
Die Energiemenge pro Tag, um alle Autos aufzuladen, beträgt also 40 Millionen x ~ 10 kWh = ~ 400 GWh. Dies ist weniger als die 442 GWh, die derzeit bereits in der Nacht geliefert werden könnten. Bei zusätzlicher Nutzung von gespeichertem Strom aus lokaler Fotovoltaikanlagen wäre der Energiebedarf, der von den Kraftwerken geliefert werden müsste, sogar geringer.
Fazit
Aus den obigen Berechnungen können wir schließen, dass in Deutschland die Menge an Strom, die mit den aktuellen Kraftwerken in der Nacht erzeugt werden kann, ausreichen würde, um alle Autos aufzuladen, wenn diese alle schlagartig elektrisch würden. Darüber hinaus wird sich die Effizienz von Elektroautos mit der Zeit verbessern, sodass der Energiebedarf weniger als 10 kWh pro Auto und Tag betragen wird und damit der Gesamtbedarf sogar kleiner wird.